Die Fühler ausstrecken
Die Wohnung ist wunderbar - auf sehr angenehme Weise altmodisch. Die Drehlichtschalter an den Wänden erinnern mich an die Wohnung meiner Uroma und wie bei ihr auch, liegt unter der bestickten
Tischdecke eine Moltonauflage, die das Sitzen am Tisch und vor allem das Aufstützen der Ellenbogen komfortabel macht (Obwohl Oma das ausdrücklich untersagt hatte). Die Bettwäsche ist Haut - und Augenschmeichler zugleich, ebenso wie alle anderen Dinge, mit denen die Wohnung ausgestattet
ist. Es gibt nichts Überflüssiges und trotzdem ist es behaglich, weil die wesentlichen Dinge von ausgesprochen guter Qualität sind. Gedöns fehlt, dafür stehen Blumen aus dem Hausgarten auf dem
Tisch, fein ausgewählte Literatur liegt auf den Balken im Schlafbereich. Was will man mehr? Einen Garten vielleicht? Bitte, den gibt es hier auch. Ein Biogarten ohne Chaos, wildes Blühen ohne
Wildwuchs, gezähmte und wohldurchdachte Choreographie; Lavendel, Katzenminze, Sonnenhut, Disteln, Mohn, Kräuter in der Kräuterschnecke, Rosen, winzige gefüllte Nelken und immer wieder
zwischendrin die Wilde Möhre. Sitz - und Liegemöglichkeiten findet man überall und sogar eine Feuerstelle. Der Clou ist aber die überdachte und komplett eingerichtete Außenküche. Hier mischen
sich Toskanafeeling mit Campingplatzerinnerungen - vom Allerfeinsten; trockenes Kochen bei Regenguss mit Blick auf Blüten im abendlichen Gegenlicht ist hier möglich.
Dann dieser unaufdringliche Service;
Man fragt, ob man hier auch Eier von den hauseigenen Hühnern bekommen könnte und prompt liegen gefühlte 4 Minuten später 10 Eier im Karton auf der Treppe, man wünscht sich 2 weitere Wassergläser und auch die befinden sich wenig später an diesem Ort, dem ich mittlerweile Nikolausstiefelkräfte zuschreibe.
Trotz all dieser schönen Umstände muss man ja mal die Nase vor die Tür stecken und nachsehen, wo man sich denn eigentlich hier befindet. Ich meine, was sich in der allernähesten Umgebung so tut und auftut an Möglichkeiten. Ein erster Spaziergang führt uns einen Feldweg entlang, der so dermaßen üppig mit Wegwartenblau gesäumt ist, wie wir es noch nie gesehen haben. Danach probieren wir einen Kopfsteinpflasterweg gleich hinter dem Haus. Niemand begegnet uns, wir werden nur von einer Katze beobachtet, die rechts des Weges erfolglos versucht, sich in der bunten Wiese zu verbergen. Gingen wir den Weg 5 Kilometer weit, kämen wir beim Kloster Chorin an. 5 Kilometer dauern für zwei Dauerknipser allerdings viel zu lange, so beschließen wir, mit dem Auto hinzufahren. Die Ausmaße des Parkplatzes lassen vermuten, dass ein Ausflugsziel vor uns liegt, das mit IKEA gleichgestellt ist, oder mit einem Freizeitpark. Unser Auto ist aber das Einzige.....Wir besichtigen also die schöne Backsteinhülle - innen ist so gut wie nichts mehr vorhanden. Muss ja nicht. Die Fassade und der Park mit den uralten und besonderen Bäumen beeindrucken ausreichend.