... nicht Raumtemperatur, sondern seit Freitag meine Dauerkörpertemperatur. Lesen geht nicht, denn die Augen sind zu müde. Auf dem Sofa liegen, umgeben von Taschentüchern, Teebechern in
verschiedenen Farben und Salbeibonbons. Ich lasse mich vom Fernseher berieseln, denn wenn ich das Ding murmelleise schalte, kann ich gut dabei einschlafen. Ich hab jetzt alles durch. Das ganze
verschissene Fernsehprogramm. Mir wird geraten, ein Deo zu kaufen, das einen 48 Stunden Geruchsschutz anbietet und ich frage mich, ob die superclean wirkende
19-Jährige da im Spot vorhat, sich 2 Tage nicht zu waschen. Übertroffen wird der Wahn durch das Anpreisen einer antibakteriellen Sagrotan-Duschlotion, die jeglichen Körpergeruch unterbindet.
Toll, dann riechen nichtmal mehr die Schultern nach einem selbst! Jeder zweite Werbespot bewirbt ein Shampoo und ich habe das Gefühl, dass sämtliche Frauen in Deutschland massive Haarprobleme
haben. Eine Familie namens Geissen fratzt mich an. Dummdreist prollig. In diversen Seifenopern eiern perfekt gestylte junge Menschen mit hohlen Gesichtern durch die Szenerien und verzweifeln an
ihren Liebesproblemen, dazwischen immer wieder Asyldramen, hässliche Politikergesichter, Stacheldraht, Bomben...
Dann reißt mich ein Wort aus dem Halbschlaf; Wiedehopf! Ich weiß nicht warum, aber ich stopfe mir ein Kissen in den Rücken und bin plötzlich aufmerksam. Da läuft eine kleine Dokumentation über
einen Rentner in Österreich, der seine ganze Zeit damit verbringt, diesen ungewöhnlichen Zugvogel in Österreich wieder heimisch zu machen. Seit Jahren baut er Nistkästen, filmt deren Innenleben,
zieht verwaiste Wiedehopfbabies auf. Sein Rhythmus ist der der Jahreszeiten. Er ist geduldig und ruhig. Er weiß genau, was er tut. Er ist glücklich. Er ist erfolgreich. Er sitzt stundenlang still
da und beobachtet. Der Mann und sein Tun berühren mich sehr. Er hat seine Aufgabe gefunden und bearbeitet dieses kleine Fleckchen unermüdlich und ich wünschte, mehr Menschen auf dieser Welt
würden verstehen, was wichtig ist.
Emmi